Die Konstantinopeler Apfelquitte im Interview

Es ist wieder soweit! mundraub quetscht alte Obstsorten aus und hat heute einen engen Verwandten von Apfel und Birne im Gespräch: die Konstantinopeler Apfelquitte.

mundraub (m): Herzlich willkommen, schön, dass sie die Zeit gefunden haben, bei uns zu sein.

Konstantinopeler Apfelquitte (K): Sehr gern, ich habe gehört, Sie setzen sich für alte Obstsorten ein. Da kann ich schlecht nein sagen, nicht?

m: Stimmt, wenn es um alte Obstsorten geht, hören wir nicht gern nein! Wie geht es Ihnen?

m: Wie meinen Sie das?

K: Nun ja, meine Herkunft gibt Rätsel auf. Zwar vermutet man anhand meines Namens, dass ich aus dem Gebiet der heutigen Türkei stamme und von dort aus meinen Weg nach Mitteleuropa fand, aber viel mehr ist leider nicht bekannt.

m: Der Name ‘Apfelquitte’ weist auf türkische Wurzeln hin?

K: Nein nein, natürlich nicht. Die Stadt Konstantinopel. Benannt nach dem Kaiser Konstantin im 4. Jahrhundert n.Chr.? Heute heißt sie Istanbul. Die Hauptstadt der Türkei?


m: [lacht] Weiß ich doch. Ich wollte Sie nur etwas auf den Arm nehmen. Die Stimmung auflockern, verstehen Sie?

K: Achso, na das hat ja gut geklappt. Danke.

m: Entschuldigen Sie - zurück zum Thema. Wie fühlt man sich denn so als Apfelquitte?

K: Naja, wie mein Name schon sagt - und jetzt meine ich ‘Apfelquitte’ - sehe ich dem Apfel sehr ähnlich. Zwar gibt es von meiner Sorte auch birnenenähnliche Exemplare, aber die Apfelform dominiert. Ganz klar.

m: Glasklar!

K: Wie bei vielen Äpfel ist jetzt im Oktober genau die richtige Zeit, meine Früchte zu ernten. Die dürfen übrigens gern noch etwas nachreifen und können eine Lagerung über mehrere Wochen überstehen.

m: Oh prima! Wie ich hörte, kann ich bei Ihnen nicht einfach mal zubeißen. 

K: Um Himmels Willen! Es sei denn, Sie mögen harte Früchte, Bitterstoffe und Pelz auf der Zunge.

m: Pelz mag ich nur an lebendigen Tieren.

K: Dacht’ ich mir. Es gibt zwar Sorten die roh verspeist werden können, zu denen zähle ich jedoch nicht. Dafür eigne ich mich sehr gut für Chutney, Gelee oder Fruchtleder.

m: Klingt lecker.

K: Ist es. Man muss vor der Verarbeitung allerdings darauf achten, den Flaum auf meiner Schale gründlich abzureiben oder abzubürsten. Eine Bürste, z.B. aus Messing, ist zwar schneller, schadet jedoch meiner strohgelben, grünlichen Haut. Eine schonende Behandlung wäre mir persönlich lieber. Der Flaum auf meinen reifen Früchten ist auch nicht so stark, weshalb ich gern die Initiative ‘Nein zur Bürste’ ins Leben rufen würde.

m: [irritiert] Verstehe. Lassen Sie uns einen Schritt zurück gehen. Wie sieht es denn mit Ihrem Standort aus? Mögen Sie Sonne, Sand und Meer?

K: Ach, ich bin eine bescheidene Quitte. Vielleicht liegt es daran, dass über mich nicht viel geschrieben steht, was das angeht. Da gibt es ganz andere Früchtchen, die sich im Rampenlicht wohlfühlen. So eine bin ich nicht.

m: Wen meinen Sie damit?


K: Das ist nicht wichtig… Sie fragten nach meinem Standort. Also, ich mag saure bis neutrale Böden. An Feuchtigkeit habe ich keinen großen Ansprüche. Solange die Nässe nicht staut, ist alles in Ordnung. Allerdings habe ich meine Empfindlichkeiten: Wenn der Boden nicht gut durchlüftet oder zu kalkig ist - puh, da wird mir schon übel, wenn ich nur daran denke. Ich als Quitte benötige genauso Sauerstoff für meine Wurzeln wie Sie. Das freut die Mikroorganismen und wenn die sich wohlfühlen, wirkt sich das auch positiv auf die Bodenaktivität aus.

m: Interessant-

K: Sehr. Wenn alles zu meiner Zufriedenheit läuft, ist meine Fruchtbarkeit exzellent, von meiner Robustheit gegenüber Krankheiten und Schädlingen gar nicht zu sprechen. Da macht mir unter den Quitten kaum eine was vor.

m: Apropos andere Quitten: das wäre dann auch meine letzte Frage: Gibt es denn in Ihrem Leben jemand besonderen?

K: Wenn es nach mir ginge, könnten alle anderen Quitten gut und gern verschwinden. Allein sein liegt mir einfach viel mehr. Bestäubung, Befruchtung - kann ich alles selbst.

m: Achso ist das… also nun... ich dachte-

K: Jetzt verlieren Sie nicht gleich vor Schreck Ihre Augenbinde! Das war ein Scherz. Schon allein aufgrund meiner [vermuteten; Anm. d. Red.] Unfähigkeit mich selbst zu befruchten, ist die Gesellschaft einer zweiten Quittensorte von Vorteil. Ich wollte Sie nur etwas auf den Arm nehmen. Die Stimmung auflockern, verstehen Sie?

m: Haha, Sie Schelm. Na dann sind wir jetzt wohl… quitt, würde ich sagen.

K: -_-

Konstantinopeler Apfelquitte / Quitte

Quellen:
Silbereisen, Robert; Götz, Gerhard; Hartmann, Walter (2014): Konstantinopeler, in: Obstsortenatlas. Kernobst, Steinobst, Beerenobst, Schalenobst, Nikol Verlag, Hamburg: S. 241-242.
Bilder: pixabay, CCO / bearbeitet durch mundraub.org

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