Tag des deutschen Apfels

Anlässlich seines heutigen Ehrentages laden wir euch zu einer kleinen Reise durch die Entstehungs- und Züchtungsgeschichte des deutschen Apfels ein. Denn eines ist sicher: die Geschichte der Gattung Apfel hat tiefe Wurzeln, deren Verästelungen sich über ganze Kontinente erstrecken.

Erste Wurzeln

Die ersten primitiven Formen der Wildarten, und somit die ältesten Vorfahren unser  heutigen Apfelsorten, gab es bereits zum Ende der Kreidezeit, also vor etwa 70 bis 65 Millionen Jahren. Damals wuchsen sie in den tropischen und subtropischen Gebirgstälern Südostasiens im Süden des heutigen Chinas. Nach Ende der Eiszeit, vor etwa 15.000 Jahren, setzte der nächste Entwicklungsschub ein: Dank des nun sehr warmen Klimas konnte sich die Pflanzenwelt außergewöhnlich stark entfalten.

Verzweigte Wurzeln

Das ständige Auseinanderdriften der Kontinente und die Bildung von Gebirgsmassiven ließ klimatisch und ökologisch verschieden geprägte Naturräume entstehen. So konnten sich die Pflanzen isoliert voneinander entwickeln und ihren Aufbau und Stoffwechsel den jeweils sehr unterschiedlichen örtlichen Gegebenheiten anpassen. Auf diese Weise entwickelten sich auf der nördlichen Halbkugel in geographisch weit auseinanderliegenden Gebieten die Vorläufer der heutigen Apfel-Wildarten.

Wildarten des Apfels

Wildapfel

Aus diesen Vorläufern gingen schließlich die echten Wildarten hervor: Das waren z.B. der Malus sargenti in Zentral- und Ostasien, der M. baccata oder der M. hupehensis auf dem Gebiet des heutigen China, M. fusca oder M. coronaria in Nordamerika und der M. orientalis oder M. siviersii im Bereich des Himalaja-Gebirges. Letztere entwickelten im Laufe der Zeit besonders große Früchte und breiteten sich immer weiter nach Westen aus. Obwohl die Zahl der echten Wildarten auf 25 bis 35 geschätzt wird, lassen sich die heutigen Kultursorten auf nur wenige Wildarten zurückführen.

Vom Wild- zum Kulturapfel

Das Gebiet zwischen dem Kaukasus und der usbekischen Hauptstadt Taschkent weist einen besonderen Formenreichtum auf und wird aufgrund seiner Fülle an Erbanlagen für die Evolution der Apfelbäume auch als Mannigfaltigkeitszentrum bezeichnet. Die hier wachsenden Wildäpfel vereinen eine Vielzahl der charakteristische Merkmale und Eigenschaften wertvoller Kultursorten. Der Name der kirgisischen Stadt Almaty (ehemals Alma-Ata), was soviel wie "Stadt der Äpfel" bedeutet beweist, dass die Besonderheit dieses Gebiets schon früh bekannt war.

Unterwegs nach Europa

Der Apfel fand seine Verbreitung in Europa im Zuge der indogermanischen Völkerwanderung. Um ca. 3000 v. Chr. gelangte er über den Orient nach Griechenland. Zu dieser Zeit soll es in Persien bereits Obstbäume entlang der Haupthandelswege gegeben haben. Mit ihren Kenntnissen des Pfropfens, also der Vermehrung über ein Reis, verhalfen die Griechen der Apfelkultur zu einer ersten Blütezeit. Später wurde diese von den Römern übernommen und weiterentwickelt. So gelangten die Kultursorten schließlich mit den Römern über Frankreich bis Mittel- und Westeuropa.

Malus Domestica

Apfel im Korb

Unendlich viele Kreuzungen, zuerst innerhalb der Wildarten und später zwischen den Züchtungen, ließen immer wertvollere Apfelsorten entstehen. Aber dem Menschen gebührt nicht aller Ruhm: Auch die Selektion durch Tiere und spontan auftretende Mutationen trugen ihren Teil zur Entstehung des europäischen Kulturapfels, Malus domestica, bei. Aus ihm gingen rund 2.000 deutsche Apfelsorten hervor - 30.000 gibt es weltweit. Diese Zahl und Vielfalt ist in den letzten 50 Jahren jedoch dramatisch zurückgegangen: Ökonomische Gründe, Standardisierung und EU-Richtlinien haben dazu geführt, dass heute nur 25 Apfelsorten erwerbsmäßig kultiviert, und gerade mal sieben davon verlässlich im Handel zu finden sind.

Trendwende?

Die Standardisierung unserer Äpfel hat weitreichende Folgen für Mensch, Tier und Natur: Industrielle Anbaumethoden lassen weder Raum für ökologische noch für geschmackliche Vielfalt. Daher rufen Umweltschützer, AnhängerInnen der Slow-Food-Bewegung und MundräuberInnen zu einem bewussteren Umgang mit der Natur und unseren Nahrungsmitteln auf. Um die jahrtausendealte Vielfalt zu bewahren, macht sich mundraub für den Erhalt alter Apfelsorten, die Pflege bestehender Streuobstwiesen sowie die Neupflanzung alter Obstsorten auf öffentlichen Flächen stark.

Quellen:

Silbereisen, Robert; Götz, Gerhard und Hartmann, Walter (2015): Obstsortenatlas. Kernobst, Steinobst, Beerenobst, Schalenobst. 2. Auflage, Hamburg: Nikol Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG

http://www.planet-wissen.de/gesellschaft/lebensmittel/pwieapfelsorten100.html

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Ein sehr informativer und detailierter Artikel, der die vielen Informationen in einer sehr angenehmen Weise vermittelt !

Dankeschön !!

Peter Obermeier